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Brüste

Eine Anthologie

Das Buch „Brüste: Eine Anthologie“, herausgegeben von Miku Sophie Kühmel und Linus Giese, befasst sich mit einem Thema, das trotz seiner Allgegenwärtigkeit selten wirklich im Fokus steht: Brüste. In zwölf Essays, verfasst von einer vielfältigen Gruppe von Autor*innen, darunter Daniela Dröscher, Antje Rávik Strubel, Bettina Wilpert und Nils Pickert, wird die vielschichtige Bedeutung von Brüsten aus unterschiedlichen Perspektiven untersucht. Dabei wird deutlich: Brüste sind viel mehr als nur ein Körperteil. Sie sind ein Symbol für Weiblichkeit, Sexualität, Identität und gesellschaftliche Normen, doch gleichzeitig auch ein Feld, auf dem Machtstrukturen, Objektifizierung und Selbstbestimmung miteinander ringen.

Die Anthologie öffnet den Raum für eine Diskussion, die sowohl die persönliche als auch die gesellschaftliche Dimension von Brüsten beleuchtet. Die Autor*innen hinterfragen, warum Brüste immer wieder bewertet und sexualisiert werden, und stellen dar, wie diese Beurteilungen das Leben von Frauen, trans Personen und anderen Betroffenen beeinflussen. Diese Sammlung an Essays deckt eine große Bandbreite an Erfahrungen ab und bietet viel Raum für Reflexion.

Ein zentraler Punkt der Anthologie ist die Frage, wer das Recht hat, seinen Oberkörper unbedeckt zu zeigen und wer nicht. In der Gesellschaft gelten strikte Normen und Regeln, die festlegen, wie Brüste gesehen und interpretiert werden. So beginnt Nils Pickerts Essay mit der Feststellung, dass in der heteronormativen Welt, in der er lebt, Brüste unumstößlich Weiblichkeit symbolisieren. Diese Vorstellung wird in den verschiedenen Essays immer wieder herausgefordert. Bettina Wilpert setzt sich in ihrem Beitrag „Vexierbilder, oder: Stillen ist Stillen“ beispielsweise mit der Kunstgeschichte auseinander und zeigt, wie Brüste und Weiblichkeit über Jahrhunderte hinweg dargestellt wurden. Ihr Beispiel der bärtigen Magdalena Ventura, die von Caravaggio mit einem Baby an ihrer Brust porträtiert wurde, steht im Kontrast zu den Erwartungen an die visuelle Repräsentation einer stillenden Frau.

Ein weiterer interessanter Aspekt, der in der Anthologie beleuchtet wird, ist die Rolle der Brüste in der Mutterschaft. Hier wird auch der Druck hinterfragt, dem Mütter ausgesetzt sind, wenn es um das Stillen geht. Ein Beispiel dafür ist der Hashtag #stillenistliebe, der jene Mütter, die nicht stillen können oder wollen, oft ausgrenzt. Dieser gesellschaftliche Druck wird von verschiedenen Autor*innen angesprochen und problematisiert. Gleichzeitig werfen die Texte einen Blick auf den modernen Diskurs rund um Körper und Selbstbestimmung, indem sie verdeutlichen, dass die Wahrnehmung von Brüsten immer auch durch die Linse von sozialen Normen und Erwartungen gefiltert wird.

Besonders berührend ist Linus Gieses Essay „Oberkörperfrei“, in dem der trans Mann über seine persönlichen Erfahrungen mit Brustdysphorie und der Erleichterung nach seiner Masektomie schreibt. Giese beschreibt, wie er sich von seinem weiblich gelesenen Körper entfremdet fühlte, als seine Brüste in der Pubertät zu wachsen begannen, und wie die Entscheidung für die Operation ihm schließlich das Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung gab.

Die Essays der Anthologie zeigen auch, wie der cis-männliche Blick auf Brüste Leid verursachen kann. Der ständige Druck, sich an gesellschaftliche Vorstellungen von Schönheit und Weiblichkeit anzupassen, führt bei vielen Menschen zu körperlichen und emotionalen Belastungen. Einige Autor*innen berichten von Brustoperationen, um sich diesen Erwartungen anzupassen, während andere die Ästhetisierung und Objektifizierung von Brüsten in den 1990er und 2000er Jahren ansprechen.

Insgesamt bietet „Brüste: Eine Anthologie“ eine vielstimmige und differenzierte Auseinandersetzung mit einem Thema, das uns alle betrifft, aber selten so tiefgehend reflektiert wird. Das Buch fordert dazu auf, den eigenen Blick auf Brüste zu hinterfragen und sich von gesellschaftlich auferlegten Normen zu lösen. Es ist eine inspirierende Lektüre für alle, die sich für feministische, queere und körperpolitische Themen interessieren.

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