In den letzten Jahren ist das Gendersternchen (*) immer häufiger im deutschen Sprachgebrauch anzutreffen. Es ist ein Symbol, das darauf abzielt, die Vielfalt der Geschlechter jenseits der binären Einteilung in männlich und weiblich sichtbar zu machen und eine geschlechtergerechte Sprache zu fördern. Dieser Artikel beleuchtet die Entstehung, den Gebrauch, die Kritik und die Auswirkungen des Gendersternchens in der deutschen Sprache.
Die Entstehung des Gendersternchens
Das Gendersternchen hat seine Wurzeln in der feministischen Linguistik und den Bemühungen um eine geschlechtergerechte Sprache. Der Einsatz des Sternchens begann in den 1990er Jahren, als Aktivistinnen und Sprachwissenschaftlerinnen nach Wegen suchten, die Unsichtbarkeit nicht-binärer und genderqueerer Menschen in der Sprache zu überwinden. Das Sternchen sollte eine Alternative zu bisherigen Methoden, wie dem Binnen-I oder dem Schrägstrich, bieten.
Der Hauptgedanke hinter dem Gendersternchen ist es, alle Geschlechteridentitäten zu inkludieren. Beispielsweise wird aus „Bürger“ und „Bürgerin“ mit dem Sternchen „Bürger*innen“, was sowohl Männer, Frauen als auch nicht-binäre Personen einschließt.
Der Gebrauch des Gendersternchens in der Praxis
Die Verwendung des Gendersternchens hat sich in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft etabliert, darunter in der Politik, der Bildung und den Medien. Öffentliche Institutionen und Universitäten haben in ihren offiziellen Dokumenten und Kommunikationsmitteln zunehmend das Gendersternchen übernommen. Auch viele Medienhäuser und Verlage verwenden das Sternchen, um eine inklusive Sprache zu fördern.
Beispiele für die Anwendung des Gendersternchens:
- In der Politik:
- Offizielle Reden und Dokumente nutzen das Sternchen, um alle Geschlechter anzusprechen. Ein Beispiel wäre „Bürger*innenversammlung“ statt „Bürger- oder Bürgerversammlung“.
- In der Bildung:
- Universitäten und Schulen passen ihre Lehrmaterialien an, um geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. In Studienordnungen und Skripten wird das Sternchen ebenfalls integriert.
- In den Medien:
- Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien haben begonnen, das Sternchen in ihren Artikeln zu verwenden, um eine inklusive Ansprache zu gewährleisten.
Statistiken zur Nutzung des Gendersternchens
Eine Umfrage des Instituts für deutsche Sprache (IDS) aus dem Jahr 2022 ergab, dass etwa 42% der deutschen Bevölkerung mit dem Gendersternchen vertraut sind und dessen Verwendung in bestimmten Kontexten unterstützen. Besonders in urbanen Gebieten und unter jüngeren Menschen ist das Sternchen weiter verbreitet. In einer Studie des Gender-Instituts der Universität Bielefeld gaben 55% der befragten Studierenden an, das Sternchen regelmäßig in ihren Texten zu verwenden.
Kritische Stimmen und Kontroversen
Trotz der zunehmenden Verbreitung des Gendersternchens gibt es auch zahlreiche kritische Stimmen. Die Kritik lässt sich grob in drei Hauptkategorien einteilen: sprachliche, gesellschaftliche und politische Bedenken.
- Sprachliche Kritik:
- Kritiker*innen argumentieren, dass das Gendersternchen die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten erschwert. Insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Lernschwierigkeiten könnten Probleme haben, Texte mit Gendersternchen zu verstehen.
- Einige Sprachwissenschaftler*innen befürchten, dass das Sternchen die grammatikalische Struktur der deutschen Sprache beeinträchtigen könnte.
- Gesellschaftliche Kritik:
- Es wird argumentiert, dass das Gendersternchen symbolische Politik sei und keine realen Veränderungen in der Geschlechtergerechtigkeit bewirke. Die symbolische Inklusion könne davon ablenken, dass tiefere gesellschaftliche Probleme ungelöst bleiben.
- Einige Menschen fühlen sich durch die erzwungene Nutzung des Gendersternchens bevormundet und lehnen es daher ab.
- Politische Kritik:
- Konservative und rechtspopulistische Kreise sehen im Gendersternchen eine ideologische Beeinflussung und lehnen dessen Verwendung strikt ab. Sie argumentieren, dass die Sprache nicht politisiert werden sollte und befürchten einen „Sprachzwang“.
Zahlen und Fakten zur Nutzung in der deutschen Sprache
Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens YouGov aus dem Jahr 2023 stehen 38% der Deutschen dem Gendersternchen positiv gegenüber, während 34% es ablehnen und 28% keine klare Meinung dazu haben. Die Akzeptanz variiert stark nach Altersgruppen: Bei den 18- bis 29-Jährigen sind 60% positiv eingestellt, während bei den über 60-Jährigen nur 25% eine positive Haltung haben.
Auswirkungen des Gendersternchens auf die Gesellschaft
Die Einführung des Gendersternchens hat bereits einige bemerkenswerte Veränderungen in der Gesellschaft bewirkt. Es hat die Debatte über Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache intensiviert und zu einer erhöhten Sensibilität für das Thema geführt. Viele Menschen sind durch die Diskussion um das Sternchen auf die Vielfalt der Geschlechteridentitäten aufmerksam geworden und reflektieren ihre eigene Sprache bewusster.
- Bildung und Aufklärung:
- Das Gendersternchen hat in Bildungsinstitutionen zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit Gender-Themen geführt. Workshops und Seminare zur geschlechtergerechten Sprache sind mittlerweile an vielen Universitäten und Schulen Standard.
- Inklusion:
- Nicht-binäre und genderqueere Menschen fühlen sich durch das Gendersternchen sichtbarer und respektierter. Es signalisiert eine Offenheit und Anerkennung ihrer Identität.
- Gesellschaftlicher Wandel:
- Der Gebrauch des Gendersternchens ist Teil eines größeren gesellschaftlichen Wandels hin zu mehr Inklusion und Gleichberechtigung. Er spiegelt den Wunsch wider, traditionelle Geschlechterrollen und -bilder zu hinterfragen und neu zu definieren.
Die Zukunft des Gendersternchens
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nutzung des Gendersternchens in der Zukunft entwickeln wird. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Sternchen weiter verbreiten und möglicherweise fest im deutschen Sprachgebrauch verankert wird. Gleichzeitig bleibt die Diskussion über seine Notwendigkeit und Effektivität lebendig.
Potenzielle Entwicklungen:
- Normierung: Es könnte Bestrebungen geben, das Gendersternchen offiziell in grammatikalische Regeln und Stilhandbücher zu integrieren.
- Alternativen: Es könnten neue Zeichen oder Methoden entwickelt werden, um geschlechtergerechte Sprache noch inklusiver und zugänglicher zu gestalten.
- Gesellschaftliche Akzeptanz: Die Akzeptanz des Gendersternchens könnte durch Bildungs- und Aufklärungskampagnen weiter gesteigert werden.
Fazit
Das Gendersternchen ist mehr als nur ein sprachliches Zeichen – es ist ein Symbol für den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit. Trotz der Kontroversen und Herausforderungen, die mit seiner Verwendung einhergehen, hat es bereits signifikante positive Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Anerkennung der Geschlechtervielfalt gehabt. Ob das Sternchen langfristig Bestand haben wird, hängt von vielen Faktoren ab, darunter die Bereitschaft der Gesellschaft, neue sprachliche Normen zu akzeptieren und zu integrieren.
In jedem Fall hat das Gendersternchen die Diskussion über geschlechtergerechte Sprache belebt und gezeigt, dass Sprache ein mächtiges Werkzeug für gesellschaftlichen Wandel sein kann. Es liegt an uns allen, diese Diskussion weiterzuführen und zu einer inklusiveren und gerechteren Gesellschaft beizutragen.