Theorie und Anwendung im gesellschaftlichen Kontext
Das Buch „Biologie & Homosexualität: Theorie und Anwendung im gesellschaftlichen Kontext (unrast transparent – geschlechterdschungel)“ von Heinz-Jürgen Voß beleuchtet die historische Entwicklung des Konzepts der Homosexualität und seine Verflechtung mit den Bereichen Biologie und Medizin. Im 19. Jahrhundert entstand das Konzept der Homosexualität, und es wurde stark von staatlicher Verfolgung gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen beeinflusst. Menschen, die sich für die „Natürlichkeit“ gleichgeschlechtlicher sexueller Tätigkeiten einsetzten, argumentierten, dass Menschen, die aufgrund ihrer Natur gleichgeschlechtlich begehren, nicht bestraft werden sollten. Gleichzeitig argumentierte die Gegenseite ebenfalls mit biologischen und medizinischen Erklärungen.
Das Buch beschäftigt sich mit den biologischen Theorien, die im Kontext der Homosexualität aufgestellt wurden. Hierbei werden Theorien der Keimdrüsen- und Hormonforschung, der Genetik, Neurobiologie und Evolutionsbiologie sowie die jeweiligen Methoden der Forschung beleuchtet. Der Autor zeigt auf, dass viele dieser Forschungsrichtungen das Ziel verfolgten, gleichgeschlechtliches sexuelles Begehren auszulöschen, und dass in einigen Fällen sogar Menschenexperimente durchgeführt wurden, auch noch nach dem Jahr 1945.
Ein wichtiger Aspekt des Buches ist die Tatsache, dass Homosexualität im Jahr 1991 aus der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) gestrichen wurde. Dies eröffnet die Möglichkeit, die Forschung im Bereich der Homosexualität neu auszurichten, ohne diskriminierende Vorannahmen. Das Buch regt dazu an, die Rolle von Biologie und Medizin in der Konstruktion von Homosexualität zu hinterfragen und eine neue, weniger diskriminierende Forschungsrichtung zu verfolgen.
Insgesamt bietet das Buch eine gründliche Untersuchung der historischen Entwicklung und der biologischen Theorien im Zusammenhang mit Homosexualität und plädiert für eine kritische Neuausrichtung der Forschung auf diesem Gebiet.